1. Ein allgemein gültiges Plattdeutsch gibt es nicht, sondern Plattdeutsch ist ein Sammelbegriff für unzählige plattdeutsche Mundarten. Jeder, der platt spricht, spricht seinen plattdeutschen Dialekt.
2. Der Plattdeutsche macht keinen Unterschied zwischen Dativ und Akkusativ. "an denn Woog'n" heißt sowohl "an den Wagen" als auch "an dem Wagen". Beim persönlichen Fürwort allerdings wird häufig der dritte Fall vorgezogen: "Seich em dat", "Hau er nich".
3. Die Vokale haben im Plattdeutschen einen besonderen Stellenwert und stimmen mit den Vokalen der hochdeutschen Sprache nicht überein. Reine Vokale sind im Platt unbeliebt. Stattdessen werden Doppellaute sogenannte Diphthonge bzw. Triphthonge vorgezogen und das von Region zu Region auch noch sehr unterschiedlich. Das gilt in besonderer Weise für den Diphthong ei, den es im Hochdeutsch überhaupt nicht gibt, den wir aber im Englischen kennen; game, flame etc.
4. Bindewörter, die zwischen den Sätzen einen logischen Zusammenhang herstellen wie "hnigegen, obgleich, so dass, sobald, seit, indem , um zu etc. kennt der Plattdeutsche nicht. "Ek föier nich so Hannouber, dat is mi to wiit." Das Verhältnis dieser beiden Sätze wird auch ohne das Bindewort "weil" deutlich. Wenn er allerdings das eine oder andere Bindewort einsetzt, dann beschränkt er sich in der Regel auf sehr wenige: un, ober, oder etc.
. 5. Das Plattdeutsche ist eine einfache, direkte Sprache. Wer allerdings meint, man müsse Goethe und Schiller adäquat ins Plattdeutsche übersetzen können, liegt total falsch. Komplizierte, verschachtelte Sätze gehören einfach nicht zum Platt. Würde man es dennoch versuchen, man würde von den plattdeutsch sprechenden Menschen nicht verstanden werden. Und im Übrigen sind Goethe, Schiller und Kant im Hochdeutschen bestens aufgehoben.
6. Relativsätze kommen in der Regel nicht vor: "Der Bus, mit dem ich fahren wollte---" würde der Plattdeutsche wie folgt übersetzen: "De Buss, wo ek met föiern woll …" Wo und met werden getrennt, wie etwa auch dorin, dormet, dorop, dorfo tec. werden getrennt: "De Deern - wo he met güng". Das Wort ab nimmt dabei noch eine Sonderstellung ein: "Dor weit he nix von af."
7. Im Plattdeutschen ist die doppelte Verneinung als Verstärkung durchaus einzusetzen: "Ek hebb kein'n Minsch'n nich sein." Dennoch muss man sagen, dass nur in Einzelfällen davon Gebrauch gemacht wird.
8. Für den Plattdeutschen ist auch der Durativ durchaus üblich. Man sagt statt "Hemman mait", Hemman is bi'n mai'n.", was insbesondere die Dauer der Tätigkeit deutlich macht.
9. Als besonderes Betonungsmittel wird Wort doun, tun eingesetzt. Es heißt nicht "He abait nich." sondern eher: "Abait'n, dait he nich." oder "Wenn he sowat seig'n dait, lüch he."
10. Das adjektivisch gebrauchte Partizip Perfekt lässt jedem Plattdeutschen das Blut in den Adern gerinnen: "De oprüümte Stuub'n" oder "De tosloot'n Döör". Geht nicht, geht gar nicht!
11. Bei einigen Adverben, die auf v enden, ändert sich bei adjektivischem Einsatz das v in b. "Dat Bild hangt scheiv" aber "'Dat scheibe Bild". Oder "De Sei is deivf" aber "De deibe Sei"
12. Grundsätzlich wird das r gerollt, wie man das aus dem Englischen kennt.
13. In einigen Fällen verwendet der Plattdeutsche nicht den Akkusativ, sondern den Dativ: "Hau em!" oder "Kiik er mool an."
14. Um Vergangenes abzubilden, benutzt der Plattdeutsche in der Regel das Perfekt. Das Imperfekt findet hingegen selten Anwendung. Das liegt zum Teil daran, dass Gegenwart und Vergangenheit häufig völlig gleichlautend sind und eine genaue zeitliche Bestimmung nur durch einen Zusatz möglich wird. Beispiel: "Ek abait." Um zweifelsfrei die Vergangenheit anzusprechen, ist ein Zusatz erforderlich: "Ek abait gistern."
15. Wörter, die mit den Konsonanten m oder n enden, lässt man in der Regel nachklingen. Ich habe diese Aussprache dadurch verdeutlicht, dass ich dem jeweiligen Wort ein Apostroph und ein n angehängt habe.
16. Bei vielen plattdeutschen Wörtern sind Singular und Plural gleichlautend. Will man also deulich machen, dass die Einzahl gemeint ist, muss man einen entsprechenden Zusatz machen. Beispiel: "ein Handsch'n" - ein Handschuh
17. Der Plattdeutsche wehrt sich mit Händen und Füßen gegen die heute übliche Substantivierung der Sprache. Er bevorzugt nach wie vor, Verben einzusetzen: nicht "min Beleevnis", sondern "wat ek beleevt hebb".
18. Der Ungeübte sollte wissen, dass es nicht ratsam ist, plattdeutsche Begriffe 1:1 zu übersetzen. Das gilt zum Beispiel für die Kosebezeichnung für ein Kleinkind: "Schiitbüüd'l".
19. Der Satzbau ist im Plattdeutschen häufig anders als im Hochdeutschen. Beispiel: Dafür kann ich nichts. "Dor kann ek nix vo". Übersetzt man diesen Satz wortgetreu wieder zurück, hat man einen Satz, den man als bremisch bezeichnet.
20. Jede Region hat nicht nur einen eigenen Wortschatz, sondern gleiche Begriffe haben häufig eine eine andere Bedeutung. Beispiel: eine Pliffkatt ist nach Sass ein Angeber, in meiner Region eine Petze, Schandool ist nach Sass ein Skandal, in meiner Region ein anderes Wort für Krach.